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Schmerzensgeld – Entschädigung für erlittene Verletzungen
Wer bei einem Unfall verletzt wird, hat Anspruch auf immateriellen Schadensersatz – das sogenannte Schmerzensgeld. Es soll Leid, Schmerzen, psychische Belastungen und Einschränkungen im Alltag ausgleichen.
Wichtig zu wissen:
- Voraussetzung ist ein nachgewiesener Körper- oder Gesundheitsschaden
- Die Höhe richtet sich nach Art und Schwere der Verletzung, Dauer der Beeinträchtigung, Folgeschäden und Mitverschulden
- Bemessung erfolgt anhand von „Schmerzensgeldtabellen“ (Urteile aus vergleichbaren Fällen)
Beispiele:
- Schleudertrauma mit zwei Wochen Arbeitsunfähigkeit: 500 – 1.500 Euro
- Fraktur mit Operation und langer Reha: 5.000 – 15.000 Euro
- Dauerhafte Einschränkungen (z. B. Lähmung, Amputation): >25.000 Euro
Tipp: Ohne Arztbericht kein Schmerzensgeld! Auch psychische Belastungen sollten früh dokumentiert werden.
Die 130%-Regel – Ausnahmeregelung bei wirtschaftlichem Totalschaden
Eigentlich gilt: Ist die Reparatur teurer als der Wiederbeschaffungswert, zahlt die Versicherung nur Letzteren (abzüglich Restwert). Doch es gibt eine Ausnahme: die 130%-Regel.
Voraussetzungen:
- Reparaturkosten liegen nicht mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert
- Das Fahrzeug wird fachgerecht repariert (mit Rechnung)
- Der Geschädigte nutzt das Fahrzeug mindestens 6 Monate weiter
Beispiel:
- Wiederbeschaffungswert: 6.000 Euro
- Reparaturkosten: 7.800 Euro (130% = max. 7.800 Euro erlaubt)
- Nutzung des Fahrzeugs weiterhin möglich und gewollt
Folge: Die Versicherung muss die Reparaturkosten übernehmen, obwohl sie höher als der Zeitwert sind.
Tipp: Nutzen Sie diese Regel nur mit Anwalt und Gutachter – Fehler führen zur Ablehnung.
Beweislast – Wer muss was beweisen?
In einem Unfallverfahren gilt das Prinzip: Wer etwas fordert, muss es auch beweisen.
Typische Beweislasten:
- Unfallhergang: Jeder Beteiligte muss seine Darstellung belegen (z. B. mit Fotos, Zeugen, Gutachten)
- Schmerzensgeld: Verletzungen müssen medizinisch dokumentiert sein
- Nutzungsausfall: Nachweis über Ausfallzeit und Fahrzeugnutzung erforderlich
Sonderfall Mitverschulden:
- Wird Ihnen eine Teilschuld unterstellt, muss der Gegner dies beweisen
Tipp: Fertigen Sie direkt nach dem Unfall umfangreiche Dokumentation an: Fotos, Skizzen, Aussagen. Bei Unklarheit: Polizei hinzuziehen.
Haushaltsführungsschaden – wenn Alltag nicht mehr möglich ist
Wenn Sie durch den Unfall Ihre alltäglichen Haushaltsaufgaben nicht mehr erfüllen können, entsteht ein finanziell ersatzfähiger Schaden: der Haushaltsführungsschaden.
Voraussetzungen:
- Verletzung mit konkreter Beeinträchtigung im Haushalt
- Haushalt wird (auch) für andere Personen geführt (z. B. Kinder, Ehepartner)
Berechnung:
- Stundensatz (z. B. 10 – 12 Euro) x ausfallende Stunden pro Woche x Dauer der Beeinträchtigung
Beispiel:
- Unfallbedingt 6 Wochen keine Körperarbeit möglich
- 15 Stunden Haushaltsführung pro Woche
- 12 Euro pro Stunde
- Anspruch: 1.080 Euro (6 x 15 x 12)
Tipp: Führen Sie ein einfaches Haushalts-Tagebuch. Lassen Sie den Schaden vom Anwalt exakt berechnen.
Merkantiler Minderwert – der “versteckte Wertverlust” nach Reparatur
Auch wenn das Fahrzeug nach einem Unfall fachgerecht repariert wurde, hat es auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen geringeren Verkaufswert. Dieser Verlust wird als merkantiler Minderwert bezeichnet.
Merkmale:
- Entsteht bei relativ jungen, gut erhaltenen Fahrzeugen
- Beträgt meist 5 – 15 % des Wiederbeschaffungswertes, je nach Fahrzeugtyp, Alter, Laufleistung, Vorschäden
Beispiel:
- Fahrzeug vor dem Unfall: 20.000 Euro
- Merkantiler Minderwert: 1.200 Euro
- Anspruch auf Ausgleich durch die gegnerische Versicherung
Tipp: Ein erfahrener Gutachter bewertet den Minderwert im Unfallgutachten automatisch mit. Lassen Sie sich diesen Anspruch nicht wegkürzen!
Mitverschulden – wenn die Schuld nicht eindeutig ist
Bei vielen Unfällen trifft nicht nur einen Beteiligten die volle Verantwortung. Sobald ein Teil der Schuld auch bei Ihnen liegt, spricht man von Mitverschulden.
Typische Beispiele:
- Sie fahren bei Gelb weiter, der andere bei Rot
- Sie waren zu schnell unterwegs, obwohl der andere Ihnen die Vorfahrt nahm
- Sie haben keine Warnblinkanlage eingeschaltet, obwohl Ihr Fahrzeug liegen blieb
Folge: Ihre Ansprüche werden anteilig gekürzt, z. B. auf 50%, 25%, je nach Gerichtsentscheidung.
Tipp: Lassen Sie sich bei Mitverschuldensvorwürfen unbedingt anwaltlich vertreten. Viele Vorwürfe sind rechtlich nicht haltbar oder überzogen.
Fazit: Fachbegriffe verstehen, Rechte voll ausschöpfen
Unfallregulierung ist kein Bauchgefühl, sondern juristisch und wirtschaftlich geprägt. Wer die zentralen Begriffe versteht, ist in Gesprächen mit Versicherungen, Gutachtern und Anwälten auf Augenhöhe.
Unser Rat:
- Lassen Sie sich Fachbegriffe immer erklären
- Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen
- Bestehen Sie auf transparente Kommunikation
Denn: Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch durchsetzen.